Credit Suisse: Gericht kippte Bonuskürzungen – ein Fall mit Signalwirkung für das Vertragsrecht

Nach dem Untergang der Credit Suisse (CS) im März 2023 wurden nicht nur Bankenaufsicht und Finanzmärkte erschüttert, sondern auch grundlegende Fragen des Schweizer Vertragsrechts berührt. Ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erklärt rückwirkende Bonuskürzungen bei der CS für unzulässig – mit weitreichender Bedeutung für Arbeitsverträge und Lohnabsprachen in der Privatwirtschaft.

Der Fall: Bonusstreichungen ohne gesetzliche Grundlage

Im Zuge der Notfusion mit der UBS verfügte der Bundesrat per Notrecht, dass bestimmte Bonuszahlungen an Kaderangestellte der CS gestrichen oder gekürzt werden. Dabei handelte es sich insbesondere um sogenannte «Deferred Bonuses» – also aufgeschobene, bereits zugesprochene Lohnbestandteile. Das Bundesverwaltungsgericht hob diese Verfügung nun teilweise auf: Die Kürzungen verletzten zentrale Prinzipien des Vertragsrechts.

Vertragsrechtlicher Kern: Pacta sunt servanda

Das Schweizer Obligationenrecht (OR) basiert auf dem Grundsatz pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Das gilt auch für Bonusregelungen, sofern diese klar vertraglich vereinbart und zugesichert wurden. Eine einseitige Kürzung durch den Arbeitgeber – oder im vorliegenden Fall durch den Bund – ist nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlich verankerten Grundlage beruht oder im Vertrag ausdrücklich vorbehalten wurde. Beides traf hier nicht zu.

Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts verweist auf genau diesen Grundsatz: Die Bonusansprüche seien nicht nur moralisch, sondern rechtlich geschuldet gewesen. Ein Eingriff in wohlerworbene Rechte setze eine klare gesetzliche Ermächtigung voraus – eine Notverordnung allein genügt nicht.

Bedeutung für Arbeitnehmende

Auch wenn es sich um einen Einzelfall im Umfeld einer Grossbank handelt, zeigt das Urteil auf, dass sich auch Angestellte in anderen Branchen auf die vertragliche Verbindlichkeit zugesprochener Leistungen berufen können. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber versucht, Boni nachträglich zu kürzen oder vertraglich zugesicherte Leistungen nicht zu erfüllen.

Der Fall unterstreicht damit die Bedeutung folgender Grundprinzipien des Vertragsrechts:

  • Vertragsfreiheit: Arbeitgeber und Arbeitnehmende können ihre Vereinbarungen grundsätzlich frei ausgestalten. Werden Boni vertraglich zugesichert, gelten sie als verbindlich.
  • Vertrauensschutz: Bereits getroffene Vereinbarungen dürfen nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden.
  • Rechtsgleichheit: Sonderregelungen für einzelne Gruppen (z. B. Kaderangestellte) müssen auf einer rechtlich haltbaren Grundlage beruhen.

Fazit für Privatpersonen

Das Urteil zur CS ist nicht nur ein Signal an staatliche Stellen, ihre Kompetenzen rechtsstaatlich abzugrenzen – es erinnert auch daran, dass klare vertragliche Absprachen in der Schweiz starken rechtlichen Schutz geniessen. Arbeitnehmende sollten sich bewusst sein, dass Bonus- und Lohnvereinbarungen mehr als blosse Absichtserklärungen sind – sie können einklagbare Ansprüche darstellen.

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