Rechtliche Stolperstricke für die Ferien

Bald ist es soweit: Die Sommerferien und damit auch die Ferienzeit nahen heran. Doch der Bezug der Ferien kann zu rechtlichen Stolpersteinen führen. In diesem Blogbeitrag geben wir eine Übersicht über rechtliche Fragen und Probleme rund ums Thema «Ferien».

Allgemeines zum Bezug bezahlter Ferien

  1. Dauer der Ferien:
    Im Rahmen des Ferienbezugs stellen sich folgende Fragen für Arbeitnehmende: Wie viel Ferien habe ich zugut und wie kann ich sie beziehen?

    Gesetzlich wird in Art. 329a des Obligationenrechts (OR) eine Mindestdauer für die Ferien von vier Wochen und für unter 20-jährige von fünf Wochen vorgesehen. Vertraglich oder im Rahmen eines geltenden Gesamtarbeitsvertrages (GAV) kann eine höhere Anzahl der Ferienwochen vereinbart sein. Die Mindestdauer der Ferien darf grundsätzlich nicht unterschritten werden.
  2. Kürzung der Ferien

    Die Dauer der Ferien kann unter gewissen Umständen gekürzt werden, wenn der Arbeitnehmende durch sein Verschulden während eines Dienstjahres mehr als einen Monat an der Arbeitsleistung verhindert ist und die Gründe nicht in seiner Person liegen. In diesen Fällen kann der Ferienanspruch um 1/12 pro verhinderter Arbeitsmonat gekürzt werden. Die Möglichkeit der Kürzung besteht aber bspw. nicht bei Abwesenheit wegen Schwangerschaft, Mutterschaftsurlaub, Krankheit, Unfall oder wegen Erfüllung gesetzlicher Pflichten (wie Militärdienst).
  3. Bezug der Ferien

    Grundsätzlich entscheidet der Arbeitgeber, wann die Ferien bezogen werden dürfen. Er muss dabei aber soweit Rücksicht auf die Wünsche des Arbeitnehmenden nehmen, als diese mit den Interessen des Betriebs vereinbar sind. Besonders bei Eltern von schuldpflichtigen Kindern sind die Schulferien möglichst zu beachten. Legt der Arbeitgeber Betriebsferien fest, sind die Ferien in diesem Zeitraum zu nehmen.

    Ferien sollen im Verlauf des jeweiligen Dienstjahres gewährt und auch bezogen werden. Mindestens zwei Ferienwochen sollten zum Zweck der Erholung zusammenhängend gewährt werden (Art. 329c OR). Nicht bezogene Ferien dürfen zudem nicht einfach gestrichen werden, sondern sind grundsätzlich auf das nächste Jahr zu übertragen. Der Anspruch auf Bezug der nicht bezogene Ferien verjährt aber nach fünf Jahren. Andere Abreden in Verträgen sind nicht möglich.
  4. Lohn während den Ferien

    Grundsätzlich muss während den gesamten Ferien der vertraglich vereinbarte Lohne ausbezahlt werden. Es besteht ein Verbot, Ferien während des Arbeitsverhältnisses durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abzugelten.

    Vom Abgeltungsverbot für Ferien bestehen aber folgende Ausnahmen:

    Arbeit im Stundenlohn: Hier wird die Ferienzeit rechtmässig durch eine Abgeltung im Sinne einer Erhöhung des Stundenansatzes geleistet.
    Beendigung Arbeitsverhältnis: Ist der Ferienbezug in der Kündigungsfrist z.B. wegen Krankheit oder Unfall nicht mehr möglich, sind die Ferien in Geld abzugelten.

Krank während der Ferien, und nun?

Ferien dienen der Erholung des Arbeitnehmenden. Wird dieser Erholungszweck aber ausserordentlich stark durch eine Krankheit oder einen Unfall vereitelt, ist der Arbeitnehmende «ferienunfähig». Für die Ferienunfähigkeit braucht es ein erhebliches Mass an Beeinträchtigung und gleichzeitig eine gewisse Intensität der Gesundheitsstörung. Eine Schnupfen, leichte Kopfschmerzen oder nur kleinere Verletzungen reichen nicht aus. Vielmehr sind Bettlägerigkeit, ein Zwang zum Zuhause bleiben durch die Verletzung bzw. Erkrankung und/oder regelmässige Arztbesuche deswegen nötig.


Tritt die Ferienunfähigkeit bereits vor Antritt Ferien ein und wird voraussichtlich in den beabsichtigten Ferien anhalten, hat der Arbeitnehmende Anspruch auf Verschiebung der Ferien. Tritt die Ferienunfähigkeit während den Ferien ein und dauert mehr als 1-2 Tage, werden dem Arbeitnehmenden die Ferien wieder gutgeschrieben. Der Arbeitnehmende muss die Ferienunfähigkeit aber beweisen, bspw. mit Arztzeugnissen. Zudem muss der Arbeitnehmende die Ferienunfähigkeit sofort dem Arbeitgeber melden.

Aufforderung zum Arbeiten während den Ferien?

  1. Erreichbarkeit in den Ferien:
    Des Öfteren erhalten Arbeitnehmende die Aufforderung, während den Ferien erreichbar zu sein oder regelmässig E-Mails zu lesen. Generell muss man während den Ferien nicht erreichbar sein, dies würde den Erholungszweck der Ferien vereiteln. Als Teil seiner Fürsorgepflicht sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden in seinen Ferien auch nur in ausnahmsweise stören. In gewissen Ausnahmen darf jedoch eine gewisse Erreichbarkeit vorausgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Kadermitarbeiter, die wichtige Informationen zu einem Projekt haben und diese nicht anders beschafft werden können.
  2. Zurückholen aus den Ferien
    Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmende nur in Notfällen zurück an den Arbeitsplatz holen. Dies gilt bspw. wenn der Arbeitnehmende als Einziger eine dringend anstehende und nicht verschiebbare Aufgabe aufgrund seines Fachwissens erfüllen kann. In diesem Fall muss der Arbeitgeber aber die anfallenden Kosten, wie Rückflug, Stornierungen, etc. tragen. Nicht zu solchen Notfällen zählt grundsätzlich ein blosser Engpass an Mitarbeitern durch Krankheitsausfälle. Zumindest die weggefallenen Ferientage, unter Umständen aber auch die komplette Feriendauer, müssten in diesem Fall wiederum gutgeschrieben werden.

Kind krank – muss ich Ferien nehmen?

  1. Allgemein
    Bei Krankheit oder Unfall von Familienangehörigen oder Lebenspartnern mit benötigter Betreuung erhalten Arbeitnehmende bis zu drei bezahlte Urlaubstage pro Ereignis für diese Betreuung. Höchstens 10 Tage pro Jahr können für diesen Betreuungsurlaub bezogen werden (Art. 329h OR).
  2. Kinder unter 15 JahrenDie jährliche Beschränkung gilt hingegen nicht für die Betreuung von kranken Kindern unter 15 Jahren. Hier dürfen Eltern jeweils drei Tage Betreuungsurlaub pro Ereignis beziehen, jedoch nicht beide gleichzeitig. Diese drei Tage sollten Sie nutzen, um die anderweitige Betreuung des Kindes zu organisieren. Wenn eine längere Betreuung des Kindes im Krankenbett nötig ist, können ausnahmsweise auch längere Absenzen vorkommen. Das Kümmern um ein krankes Kind ist eine gesetzliche Pflicht und daher muss der Arbeitgeber grundsätzlich diese ausgefallene Zeit auch bezahlen. In schweren Fällen besteht sogar ein Anspruch auf einen 14-wöchigen Betreuungsurlaub für die Betreuung des schwer kranken oder verunfallten Kindes, welcher durch die Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigt wird.
  3. Betreuungsurlaub sind keine Ferien
    Der Anspruch auf Betreuungsurlaub ist ein eigener Anspruch. Die Betreuungsurlaubstage dürfen daher grundsätzlich nicht vom Ferienguthaben abgezogen werden, sondern bestehen unabhängig davon. Für die Betreuung eines kranken Kindes müssen daher keine Ferien im eigentlichen Sinne bezogen werden.